Eine Lernreise

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Ein Beitrag von Diana Tiefholz

Im Jahr 2020 hat sich die Guided Reading Guild verschiedenen Themen genähert und gewidmet. Was jedoch als lockere Zusammenkunft begann, kann auch in einem gewissen Zusammenhang gesetzt werden. Damit ergeben die Bücher eine Lernreise, von der am Anfang der Expedition sicher keiner dachte, dass er sich so ergibt. Die Reihenfolge der Bücher in dieser Lernreise entspricht nicht der Lesechronologie. Doch auch dieses - immer wieder neue Querverweise und neue Quellen entdeckende - zeichnet eine Expedition aus.

In den folgenden Abschnitten möchte ich – Diana Tiefholz – euch mitnehmen auf meine ganz persönliche Lernreise innerhalb der GRG. Keiner der Abschnitte wird der jeweiligen Werke gerecht, sondern soll nur zeigen, wie sie aus meiner Sicht ineinandergreifen.

Für mich ist das Werk „Sprache und Sein“ von Kübra Gümüsay eine zentrale Quelle. In ihrem Buch zeigt uns Kübra welche Bedeutung Sprache in der Kommunikation hat. Auch wenn häufig die Wichtigkeit der nonverbalen Kommunikation betont wird, ist die Sprache an sich nicht weniger mächtig. Nur was benannt werden kann, ist existent und beschreibbar. Die Sprache und damit vor allem die Wortwahl hat essenziellen Einfluss auf unsere Wahrnehmung der Welt.

Wie wichtig die Wahl der Worte ist, zeigte uns Gerhard Wohland mit seinen „Denkwerkzeuge für Höchstleister“. Die Wahl eines in der Realität oft als Synonym oder Zusammenpassenden Wortpaares kann jeweils komplett andere Umstände und Bedeutungen haben. Das wohl bekannteste Beispiel ist hierbei Fehler und Irrtum. Während der erste Begriff ein bewusstes in Kauf nehmen einer Abweichung vom gewünschten Ergebnis bedeutet, ist der zweite auf ein Nichtbesserwissenkönnen zurückzuführen. Was das für das viel gepriesene Wort Fehlerkultur bedeutet, sei an dieser Stelle nicht betrachtet.

Da eine trennscharfe Unterscheidung aber häufig schwierig ist, bedienen wir uns an mehr Worten, um die Welt begreifbar zu machen. Doch jede neue Beherrschung und Benennung schafft eine neue „Unverfügbarkeit“ wie sie Hartmut Rosa beschreibt. Jede Problemlösung schafft damit auch neue Herausforderungen.

Die Herausforderungen, in unserer komplexen Welt, kann man nicht mehr wirklich allein bewältigen. Otto Scharmer greift dies in seiner „Theorie U“ auf und zeigt, dass sich Probleme dann lösen lassen, wenn man sich gemeinsam in möglichst diverser Runde dem Thema nähert. Durch eine offene Haltung in Bewusstsein, Herz und Wille kann sich die entstehende Zukunft zeigen und man kann so gemeinsam neue Wege bestreiten.

Auch Anthony Hodgson geht in seinem Werk „Systems Thinking for a Turbulent World“ darauf ein, dass es nicht nur reicht ein System von außen zu betrachten. Unsere Betrachtung des Systems zeigt auch Schwächen, da kein Beobachter ein System in seiner vollen Komplexität erfassen kann. Hilfe schafft hier der 2nd Observer Ansatz, in dem der Systembeobachter und seine Beobachtungen in den Betrachtungsfokus gestellt werden.

Beide Autoren eint die Frage „wie können wir die sich zeigende Zukunft antizipieren?“. Stefan Kühl hingegen hinterfragt insbesondere auf Scharmer bezogen kritisch, ob es sich hierbei nicht um eine weitere Managementmode handelt.

Wie bei jeder (neuen und angeblichen) Managementmethode ist die Frage zu stellen, inwiefern dies überhaupt eine Wertschöpfung darstellt. Mariana Mazzucato setzt sich kritisch mit der Frage auseinander „Wie kommt Wert in die Welt“ und damit was zu einer nachhaltigen Gesamtentwicklung beiträgt, und was eigentlich nur noch ein Abschöpfen bestehender Werte ist. Das Preis und Wert - wenn in manchen Disziplinen auch gern gleichgestellt - nicht das gleiche sind, wird hier umso mehr deutlich.

Um innerhalb etablierter Organisationen echten Wert zu schaffen, ist es nötig in gewissen Graubereichen zu agieren. Abseits der offiziellen Regeln gibt es aber auch die von Stefan Kühl untersuchte und proklamierte „Brauchbaren Illegalität“. Die hier beschriebenen Regelbrüche und Auslegungen finden abseits der formalen Organisation statt und sind ein Herzstück der gleichen. Zu leichtfertig könnte man nun auf den Gedanken kommen, einer Formalorganisation bedarf es nicht. Doch nicht nur in der Anschlussfähigkeit an die Umgebung liegt ihr Sinn.

Reinhard Sprenger sieht in der Formalorganisation und besonders in den offiziellen Führungskräften eine zentrale Rolle: Entscheider des Nichtentscheidbaren. Im Rahmen der „Magie des Konflikts“ zeigt er, dass im Rahmen eines Konflikts die Führungskraft die Rolle des Entscheiders trägt. Konflikte sind dabei nicht als negatives Erlebnis zu werten, sondern zeigen eher eine Verbundenheit. Wer in den Konflikt geht, ist an einer weiteren gemeinsamen Zukunft interessiert. Und es geht letztlich im Konfliktfall um die Klärung des gemeinsamen weiteren Vorangehens und nicht um die Aufwärmung alten Ärgers.

Auf Basis dieser Erfahrungen und dem Respekt vor der Meinung und Erfahrungen des Anderen kann sich ein neues Verständnis bilden, dass zu einem neuen Miteinander führt. Es wird eine neue Form des „Vertrauen“ wie sie Niklas Luhmann beschreibt aufgebaut. Dieses Vertrauen kann durch eine gemeinsame Sprache verstärkt und erkannt werden.

Es schließt sich also wieder der Kreis zur gemeinsamen Sprache, die sowohl ein- als auch ausgrenzen, kann.

Diese Zusammenhänge zeigen sich im Kontext unserer gemeinsamen Lesereise 2020. Doch sie könnten auch ganz anders aussehen. Wolf Lotter proklamiert in unserem ersten Werk 2021 nicht zu gering Context is King und zeigt die Relativität und Bedeutung der „Zusammenhänge“ für das Jahr 2021.

Wir alle sind gespannt was uns dieses Jahr noch interessanten neuen Ideen und Zusammenhängen bringen wird.

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